Wolfgang Amadeus Mozart
Die Zauberflöte
"Der welcher wandert diese Strässe"
Pamina: Elisabeth Grümmer
Tamino: Ernst Kozub
Zwei geharnischte Männer: Wilhelm Ernest, Ludwig Welter
Sinfonieorchester des Hessisches Runfunks directed by Georg Solti (VI 1955)
ZWEI MÄNNER.
Der, welcher wandert diese Strasse voll Beschwerden,
Wird rein durch Feuer, Wasser, Luft und Erden;
Wenn er des Todes Schrecken überwinden kann,
Schwingt er sich aus der Erde Himmel an. --
Erleuchtet wird er dann im Stande sein,
Sich den Mysterien der Isis ganz zu weih'n.
TAMINO.
Mich schreckt kein Tod, als Mann zu handeln, --
Den Weg der Tugend fort zu wandeln.
Schließt mir des Schreckens Pforten auf!
PAMINA (von innen)
Tamino, halt, ich muß dich seh'n.
TAMINO UND DIE GEHARNISCHTEN.
Was höre ich, Paminens Stimme?
Ja, ja, das ist Paminens Stimme!
Wohl mir / dir nun kann sie mit mir / dir gehn.
Nun trennet uns / euch kein Schicksal mehr,
Wenn auch der Tod beschieden wär.
TAMINO.
Ist mir erlaubt, mit ihr zu sprechen?
GEHARNISCHTE.
Dir sei erlaubt, mit ihr zu sprechen.
Welch Glück, wenn wir uns / euch wieder seh'n,
Froh Hand in Hand in Tempel geh'n.
Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut,
Ist würdig, und wird eingeweiht.
(Die Thüre wird aufgemacht; Tamino, Pamina umarmen sich)
PAMINA.
Tamino mein! O welch ein Glück!
TAMINO.
Pamina mein! O welch ein Glück!
TAMINO.
Hier sind die Schreckenspforten,
Die Noth und Tod mir bräun.
PAMINA.
Ich werde aller Orten
An deiner Seite sein.
Ich selbsten führe dich;
Die Liebe leite mich!
(Nimmt ihn bei der Hand)
Sie mag den Weg mit Rosen streu'n,
Weil Rosen stets bei Dornen sein.
Spiel du die Zauberflöte an;
Sie schütze uns auf unsrer Bahn;
Es schnitt in einer Zauberstunde
Mein Vater sie aus tiefstem Grunde
Der tausendjähr'gen Eiche aus
Bei Blitz und Donner, Sturm und Braus.
TAMINO, PAMINA.
Nun komm, ich / und spiel' die Flöte an.
ZWEI GEHARNISCHTE.
Sie leitet uns / euch auf grauser Bahn.
Wir wandeln / Ihr wandelt durch des Tones Macht
Froh durch des Todes düstre Nacht.
(Die Thüren werden nach ihnen zugeschlagen; man sieht Tamino und Pamina wandern; man hört Feuergeprassel, und Windegeheul, manchmal auch den Ton eines dumpfen Donners, und Wassergeräusch. Tamino bläst seine Flöte; gedämpfte Paucken accompagnieren manchmal darunter. Sobald sie vom Feuer heraus kommen, umarmen sie sich, und bleiben in der Mitte)
PAMINA.
Wir wandelten durch Feuergluthen,
Bekämpften muthig die Gefahr.
(Zu Tamino)
Dein Ton sei Schutz in Wasserfluthen,
So wie er es im Feuer war.
(Tamino bläst; man sieht sie hinunter steigen, und nach einiger Zeit wieder herauf kommen; sogleich öffnet sich eine Thüre; man sieht einen Eingang in einen Tempel, welcher hell beleuchtet ist. Eine feierliche Stille. Dieser Anblick muß den vollkommensten Glanz darstellen. Sogleich fällt der Chor unter Trompeten und Paucken ein. Zuvor aber)
TAMINO, PAMINA.
Ihr Götter, welch ein Augenblick!
Gewähret ist uns Isis Glück.
CHOR.
Triumph, Triumph! du edles Paar!
Besieget hast du die Gefahr!
Der Isis Weihe ist nun dein!
Kommt, tretet in den Tempel ein!